Frühjahrstagung 2000

Musik und Akustik


bis

Ort: Lugano

SGA-Frühjahrstagung 2000 im Tessin: was Abwesende verpasst haben ...

Mehr als 30 SGA-Mitglieder und einige Gäste des Konservatoriums trafen sich in Lugano für die Fachvorträge zum Themenkreis „Musik und Akustik". Zu Beginn sprach Ermanno Briener-Aimo – ehemaliger Tonmeister beim Tessiner Radio – zu Problemen der Raumakustik auf Konzertbühnen und in Konzertsälen. Dass er als misslungene Beispiele neben dem Gasteig-Saal in München auch den Saal im KKL anführte, provozierte intensive Diskussionen beim Apéro. Es stellte sich heraus, dass sein Urteil auf Kommentaren anderer Tonmeister basierte.

Die Luzerner Fraktion der SGA versucht Herrn Briener ins KKL einzuladen, damit er das Objekt seiner Kritik doch noch mit eigenen Ohren und Augen erleben und beurteilen kann. Weniger kontrovers, aber nicht weniger interessant war der Beitrag von Victor Desarnaulds über die Position der Orgel in der Kirche im Lauf der Zeit – eine gute Einstimmung auf die Exkursion am Freitag. Der Suva-Beitrag – mit Rücksicht auf die italienischsprachigen Gäste ebenfalls auf französisch vorgetragen – galt der Gehörbelastung von Berufssängern durch die eigene Stimme. Diese übertrifft den Grenzwert für die Gehörgefährdung bei weitem, am extremsten bei Altistinnen. Warum trotzdem wenig von Gehörproblemen berichtet wird, ist Gegenstand weiterer Abklärungen (Beilage). Von der Rettung eines akustischen Schatzes war im Vortrag über die Sicherung der Archive der Mailänder Scala die Rede. Seit 1951 wurden alle Aufführungen und Veranstaltungen aufgenommen: auf Analogband, DAT oder CD-R. Auch alle Partituren – zum Teil mit Notizen berühmter Dirigenten – wurden aufbewahrt. Gefährdet ist dieses kulturelle Erbe gleich doppelt: Die Analogbänder zerfallen, und mangels Suchsystem sind Dokumente kaum aufzufinden. An der Universität Mailand sichert man nun alle Tonaufnahmen auf 6000 CD-R ab – zerfallende Analogbänder müssen vor dem Transfer bei 40° gebacken werden – und digitalisiert die schriftlichen Dokumente. Alles wird in einer Datenbank erfasst. Es soll möglich sein, eine Melodie in ein Mikrofon zu singen, und der Computer wird die dazu passenden Ausschnitte in den Partituren heraus suchen! Dominique Luy stellte den Entwurf zur Beurteilung der Schallemissionen von Musiklokalen zur Diskussion. Während sich Mitarbeiter von Ingenieurbüros zur Messtechnik bei einem Grenzwert von 24 dB(A) und zum Kurzzeit-LEQ erkundigten, blieb der deutschschweizer Cercle Bruit stumm ... weil abwesend (siehe weiter unten)! Den würdigen Abschluss des Nachmittags bildete das Orgelkonzert von Marina Jahn – man könnte der Orgel im Konservatorium allerdings ein etwas diskreteres Gebläse wünschen. Sehr interessant war am Freitag der Besuch bei einer Orgelbaufirma in Azzio. Dass der Orgelbauer die Akustik nicht persönlich nimmt und als Wissenschaft für Professoren betrachtet, die mit der Pistole in die Kirche gehen, wurde mit Schmunzeln zur Kenntnis genommen. Sehr beeindruckend war die Besichtigung der Einsiedelei Santa Maria di Sasso Ballaro am Lago Maggiore – als Tüpfchen auf dem i wiederum mit einer Darbietung von Marina Jahn auf der historischen Orgel der Kirche. Übrigens waren die SGAner im Tessin noch viel glücklicher, als dies auf der Foto zum Ausdruck kommen mag... Für die Organisation und Unterstützung danken wir ganz herzlich Dario Bozzolo und Bertrand Steinberg von der Fachhochschule SUPSI und der Direktion des Konservatoriums der italienischen Schweiz.